Max Liebermann
"Jetzt wolln wir sie dreschen! (Der Kaiser)“
Titelblatt der „Kriegszeit“, Nr. 2 vom 7.9.1914
Kreidelithographie, im Druck signiert
(Russische Gefangene auf dem Pariser Platz in Berlin)
„Die Russen, unsere Verbündeten, marschieren mit entschlossenen Schritten auf die Hauptstadt des deutschen Reichs. (Poincarré an die Franzosen)“
Titelblatt der "Kriegszeit“, Nr. 4 vom 23.9.1914
Kreidelithographie, im Druck signiert
„Extrablatt!“
Titelblatt der "Kriegszeit“, Nr. 6 vom 30.9.1914
Sonderausgabe Max Liebermann Nummer
Kreidelithographie, im Druck signiert
Max Liebermann wurde 1847 in Berlin geboren. Bereits als Schüler erhielt er Zeichenunterricht bei Carl Steffeck und besuchte ab 1868 die Kunstakademie in Weimar. Angezogen von der neuen französischen Kunst ging er 1874 nach Paris. Schon früh interessierte er sich für die Malerei der Impressionisten und begann, die Bilder französischer Kollegen zu sammeln 1883 aus München nach Berlin zurückgekehrt fand er ab 1897 auch dort offizielle Anerkennung. 1898 wurde er zum Präsidenten der von ihm mitbegründeten Berliner Secession gewählt.
Liebermann wurde im Laufe der Zeit zu einem gefragten Porträtmaler und wandte sich thematisch der Abbildung des gehobenen Bürgertums zu. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs verließ Liebermann seine Vaterstadt nicht mehr. 1910 bezog er ein Landhaus in Wannsee, dessen Garten er in 200 Werken festhielt. 1920 bis 1932 repräsentierte er als Präsident die von ihm mitbegründete Akademie der Künste und übernahm Porträtaufträge von höchster Stelle. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten trat er, als Jude verfemt, von seinem Amt zurück und starb 1935 in Berlin.
Die Kreidelithographien aus dem Jahr 1914 entstehen in einer Phase der Kriegsbegeisterung, die weite Teile der Deutschen Kunst- und Kulturschaffenden erfasst und auch vormals oppositionelle, pazifistische Künstler in ihren Bann zieht. Im Berliner Verlag von Paul Cassirer erschienen von 1914 bis 1916 Originallithographien verschiedener Künstler, die als Wochenzeitschrift mit dem Titel „Kriegszeit“ herausgegeben wurden. Die Einnahmen für diese „Künstlerflugblätter“ sollten gemeinnützigen Zwecken zugutekommen, insbesondere war an die Unterstützung notleidender Künstler gedacht. Die Mitarbeit an der „Kriegszeit“ war ein patriotischer Beitrag und Max Liebermann steuerte insgesamt 28 Motive bei.
Mit seiner Lithographie „Jetzt wolln wir sie dreschen! (Der Kaiser)“ greift Max Liebermann zum Beispiel einen von Kaiser Wilhelm II. in den ersten Tagen des Krieges geäußerten Satz auf. Mit gezücktem Säbel sitzt der Reiter auf seinem Pferd, bereit zum Angriff. Liebermann visualisiert damit eine Dynamik, welche die deutschen Eroberungen der ersten Kriegswochen versinnbildlicht.
Das Titelblatt der Ausgabe Nr. 4 vom 23.9.1914 zeigt dann die Ankunft russischer Kriegsgefangener, die auf dem Pariser Platz in Berlin aufmarschieren müssen. Ergänzt durch ein Zitat von Staatspräsident Raymond Poincaré wird aus dieser Darstellung ein zynischer Kommentar.
Nur eine Woche später feiert Max Liebermann auf dem Titelblatt der Ausgabe Nr. 6 vom 30.9.1914, die als „Max Liebermann Sondernummer“ erschien, die Erfolgsmeldungen von den Fronten in Belgien und Frankreich.
Die allgemeine Kriegsbegeisterung bekommt jedoch erste Brüche, als die Soldaten nicht wie erhofft pünktlich zum Weihnachtsfest 1914 zurückkehren. Auch Max Liebermann wendet sich ab 1915 immer mehr von seinem anfänglichen Patriotismus ab. Nach 1916 spielt der 1. Weltkrieg keine Rolle mehr in seinem Werk.
Auch die „Kriegszeit Künstlerflugblätter“ von Paul Cassirer erscheinen Ende 1915 nur noch unregelmäßig und werden 1916 endgültig eingestellt. Die verheerende Realität des Krieges hat auch die deutsche Heimatfront erreicht. Desillusioniert stellen sich viele Künstler fortan auf die Seite der Pazifisten.
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